Arbeitssettings bedrohen grundsätzlich menschliche Grundbedürfnisse. Hier nur einige Beispiele:
- Unser Bedürfnis nach Autonomie und Freisein wird begrenzt (Autonomie vs. Einschränkung)
- Wir haben weniger Zeit für Familie, Freund*innen, uns selbst - mehr balancieren müssen (gute Beziehungen)
- Früh aufstehen und arbeiten ist anstrengend (Lust vs. Unlust)
- Wir sind in Arbeitssettings öfter Bewertungen ausgesetzt (Selbstwert vs. Gesichtsverlust)
Natürlich muss Arbeit gut gestaltet sein (Systemseite), was wiederum Grundbedürfnisse befriedigt! Aber man kann auch für sich selbst etwas tun (individuelle Seite).
Um im Lot zu bleiben, hilft es, wohlwollend mit sich selbst im Kontakt zu sein, seine Bedürfnisse zu kennen und sich selber zur Seite zu stehen. Die Buddhist*innen nennen es Selbst-Mitgefühl.
Tara Brach, PhD., eine von uns sehr geschätzte bekannte US-Psychologin und buddhistische Autorin, hat die RAIN-Meditation entwickelt. Sie unterstützt uns, mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen zu arbeiten und Selbst-Mitgefühl aufzubauen, gerade, wenn es schwierig ist.
RAIN steht für:
- R = Recognize: registrieren, was in diesem Augenblick geschieht;
- A = Allow: offen sein für die Erfahrung, ganz so wie sie ist;
- I = Investigate: mit Interesse und Sorgfalt untersuchen und erforschen
- N = Nurture: mit Mitgefühl nähren.
Hier findest Du eine Meditationsanleitung von Tara.
Und im Folgenden findest Du unsere deutsche Adaption. Für Dich selbst als Meditation oder Journaling und/oder für die Arbeit mit Deinen Kund*innen.
Setze Dich aufrecht hin, werde präsent. Du kannst die Augen schliessen oder leicht geöffnet lassen mit weichem Blick. Kläre Deinen Atem mit ein paar tiefen Atemzügen und lasse den Atem dann natürlich fliessen.
R = Recognize: Registriere, was in diesem Augenblick geschieht
Achte auf Deine Gedanken. Was taucht in Deinem Bewusstsein auf? Vielleicht gibt es etwas, das Dich beschäftigt, wo Du unzufrieden bist mit Dir selbst. Schenke diesen Gedanken Deine Aufmerksamkeit: Was spielt sich da ab. Welche Gefühle, inneren Stimmen sind damit verbunden, an welche Verhaltensweisen denkst Du? Wo spürst Du deine Unzufriedenheit, deine Not, ein Druckgefühl oder deine Angst im Körper?
A = Allow: Öffne dich für die Erfahrung, ganz so wie sie ist
Gib diesen Erfahrungen Raum. Lass sie gerade so sein, wie sie jetzt sind, akzeptiere, dass Du jetzt so erlebst. Öffne Dich für die damit verbundenen Erfahrungen und Gefühle. Wenn Du spürst, dass Du innerlich vor den Gefühlen die auftauchen zurückweichst, versuche zu bleiben und sie ohne Wertung zu beobachten. Ah, so ist es gerade, es ist ok. Lass Dir dafür Zeit, mache den Raum noch etwas grösser.
I = Investigate: Untersuche und erforsche Dich mit Interesse und Sorgfalt
Untersuche diese Erfahrungen mit Interesse und aufmerksamer Sorgfalt: Was geht da vor sich? Wie sprichst Du mit Dir in dieser Situation. Was glaubst Du? Welche Überzeugungen sind damit verbunden? Welches Bedürfnis meldet sich? Was ist das für eine Not? Wo spüre ich dieses Bedürfnis im Körper? Was möchte hier meine Aufmerksamkeit?
N = Nurture: Nähre Dich mit Mitgefühl
Begegne Deiner Not, dem Rufen nach deiner Aufmerksamkeit, Deinem Bedürfnis mit aufmerksamer Freundlichkeit. Was braucht es jetzt im Moment. Was braucht dieser Teil von mir? Wonach ruft er, sehnt er sich? Begegne Dir mit einer Nachricht: Ich bin hier. Ich höre dich. Ich achte auf dich. Wenn Du möchtest, kannst Du eine Hand leicht auf Deinen Brustkorb legen, um Dich spüren zu lassen, dass Du da bist.
After the RAIN
Lasse diese Meditation in Stille noch ein wenig wirken. Bleibe einen Moment in freundlicher Aufmerksamkeit Dir gegenüber. Spüre, wie sich etwas zu entfalten beginnt. Spüre wie sich leise etwas bewegt. Spüre, wie sich der Druck löst und die Not lindert.