Wann hat Dir jemand in einer Art und Weise zugehört, in der Du Dich richtig verstanden fühltest. Wo jemand nur bei Dir, Deinen Gedanken und Gefühlen war in voller Präsenz? Was hat das bei Dir ausgelöst? Welche Qualität an Gespräch ist daraus entstanden?
Was sind die Ingredienzen, die Zuhören zu einem tiefen Zuhören machen?
Deep Listening ist kein passiver Vorgang, sondern erfordert hohe Konzentration und Aufmerksamkeit auf allen Ebenen des Erlebens: hörend, sehend, fühlend und denkend.
Zuerst einmal geht es darum, präsent zu sein: Seinen Körper wahrzunehmen, seinen Gedankenfluss zu leeren und sich innerlich mit dem Gegenüber zu verbinden.
Dann kann man das innere Bewerten einen Moment still werden lassen, diese innere Stimme, die reflexartig alles mit «gut/nicht gut», «stimme zu/nicht zu», «gebe dir recht/nicht recht» tituliert.
Stattdessen stellt man die eigene Perspektive zurück, öffnet sich mit Neugierde für das Unbekannte, Unerwartete, folgt mit offenen Ohren dem Gedankenfluss der/des Gesprächspartner:in. Mit dieser Art von Präsenz und Aufmerksamkeit unterstützt man sein Gegenüber, sein oder ihr Bestes zu finden und zu zeigen. Claus Otto Scharmer nennt es deshalb auch «das schöpferische Zuhören».
Im dichten, oft reizüberfluteten Führungsalltag ist es eine Herausforderung, in dieser Weise zuzuhören. Man muss eine eigene Praxis entwickeln, um in die nötige Präsenz zu kommen, man muss das tiefe Zuhören erlernen und üben.
Diese Qualität des Zuhörens ist eine der wirkungsvollsten transformativen Fähigkeiten von Führungskräften und eine der wohl am meisten unterschätzten.
Um es zu unterstützen, gibt es einfache begleitende Massnahmen:
- Nimm Dir Zeit, die vorherige Aufgabe emotional und gedanklich abzuschliessen.
- Vor dem Gespräch:
- Atme 5 x tief durch, nimm Deinen Körper wahr und/oder schüttle ihn aus. Mach Dich bewusst innerlich leer
- Verbinde Dich innerlich empathisch-zugewandt einen Moment mit Deiner/Deinem Gesprächspartner:in
- Im Gespräch:
- Lass Dir Zeit, um in Kontakt zu kommen. Beginne das Gespräch nicht zu rasch.
- Nimm eine entspannte Körperhaltung ein. Lehne Dich zurück.
- Nimm Dir Zeit, die Gedanken des Gegenübers in Dir wirken zu lassen, über das Gesagte nachzudenken.
- Mach den Gegencheck: Wem höre ich gerade zu? Meinem Gegenüber? Oder meinen eigenen Gedanken, die das Gesagte innerlich kommentieren?
Wir alle werden in der Tiefe berührt, wenn wir uns gesehen, gehört und wirklich verstanden fühlen. Es ist vertrauensbildend und schafft einen gemeinsamen Raum, wo Gedanken, Ideen und Lösungen entstehen können.